Aktionsbündnis fordert in offenem Brief Rückkehr zum Prinzip der Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen und in der Pflege

In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach macht das bayerische Aktionsbündnis „Dienst-Tag für Menschen“ auf den akuten Notstand im Gesundheitswesen, der Pflege und der Behindertenhilfe aufmerksam. Nur eine ehrliche Debatte und schnelles Handeln der politisch Verantwortlichen könnten einer humanitären Katastrophe in Deutschland noch entgegenwirken. Konkret fordern die 28 gemeinnützigen Einrichtungen des bayerischen Aktionsbündnisses eine grundlegende Finanzierungsreform des Gesundheits- und Pflegesystems: weg vom Leitprinzip der Wirtschaftlichkeit zurück zur Daseinsvorsorge.

In über 80 Demonstrationen sind Beschäftigte der Behindertenhilfe, der Pflege und des Gesundheitswesens in den zwölf Monaten vor der Bundestagswahl 2021 auf die Straße gegangen. Als Aktionsbündnis „Dienst-Tag für Menschen“ machten sie in Würzburg, München, Nürnberg und Amberg immer dienstags auf die schlechten Rahmenbedingungen in ihrer Branche aufmerksam. Sie forderten beispielsweise eine 35-Stunden-Woche, mehr Personal und weniger Bürokratie.

Pflegenotstand bereits Alltag

Jetzt – über vier Monate nach der Bundestagswahl – prangern die beteiligten Einrichtungen in dem offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister an, dass immer noch nichts passiert ist, obwohl den politisch Verantwortlichen die Problematik schon lange bestens bekannt sei. Nicht erst die Corona-Pandemie habe den Personalnotstand aufgezeigt. Weil Fachkräfte fehlten, könnten auch viele Pflegebedürftige nicht mehr aufgenommen werden.

Revolution des Gesundheits- und Pflegesystems

„So wie bisher darf und kann es nicht weitergehen – es braucht eine Revolution unseres Gesundheits- und Pflegesystems, keine halbherzigen Nachbesserungen“, begründen Annette Noffz (Stiftung Bürgerspital zum Hl. Geist), Walter Herberth (Stiftung Juliusspital Würzburg), Karsten Eck (Klinik König-Ludwig-Haus) und Johannes Spielmann (Blindeninstitutsstiftung) den Entschluss, den offenen Brief stellvertretend für das Aktionsbündnis zu verfassen. Dafür sei eine ehrliche politische Debatte darüber nötig, wie es um die Pflege in Deutschland wirklich stehe.

Fehlanreize durch Gewinnorientierung

Für viele Fehlentwicklungen in der Pflege und dem Gesundheitswesen machen die Verfasser des offenen Briefes die zunehmende Ökonomisierung in den vergangenen Jahren verantwortlich. Sie fordern eine Rückkehr zum Prinzip der Daseinsvorsorge, die als erstes den Menschen in den Blick nimmt. Die Feuerwehr werde auch nicht nur bezahlt, wenn es brennt.

„Einfühlsame Pflege und gute medizinische Versorgung kosten Geld“, stellen die Unterzeichnenden klar, „doch im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Konzernen, die Gewinne ausschütten, bleibt das Geld bei Einrichtungen unter gemeinnütziger und öffentlicher Trägerschaft im System und kommt den kranken, pflegebedürftigen oder behinderten Menschen zugute.“

Positionspapier als Gesprächsgrundlage

Neben dem Verbot, Gewinne durch Gesundheits- und Sozialleistungen zu erzielen und auszuschütten, hat das Aktionsbündnis „Dienst-Tag für Menschen“ weitere konkrete Verbesserungsvorschläge in einem Positionspapier veröffentlicht (www.dienst-tag.de/positionspapier). Darin fordert es unter anderem, die helfenden Berufe durch bessere Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen und Bürokratie abzubauen. Das Positionspapier liegt dem offenen Brief bei, ebenso wie ein Gesprächsangebot an den Bundesgesundheitsminister.

Den offenen Brief finden Sie unter: www.dienst-tag.de/offener-brief